Beethoven-Forscher Ernst Herttrich vermutet im Vorwort der Ausgabe, dass Beethovens Violinkonzert unter immensem Zeitdruck entstand. Seine sonst kühnen Formgebilde mit kunstvoll verschränkten Themen sucht man im Kopfsatz des Violinkonzerts vergebens. Stattdessen reiht Beethoven fünf gesangliche Themenkomplexe fast potpourriartig aneinander.

Das Violinkonzert ist Zeugnis der Freundschaft zu dem Virtuosen Franz Clement. In einem gemeinsamen Konzert spielte Clement ein eigenes Violinkonzert in D-dur. Ein Jahr später fand am 23. Dezember 1806 die Uraufführung von Beethovens Violinkonzert in D-dur mit Franz Clement als Solist statt. Zeitgenössischen Berichten zufolge spielte Franz Clement das Violinsolo bei der Uraufführung ohne vorherige Probe vom Blatt. Es ist nicht verwunderlich, dass Beethoven nach der Uraufführung die Solopartie nochmals komplett überarbeitete. Der Mittelsatz, eine Romanze, ist von dieser Umarbeitung nicht betroffen und besticht durch einen zarten, arienhaften Charakter und eine emotionale Tiefe. Ein lebhaftes Rondo bringt die Virtuosität des Solisten durch zahlreiche Figurationen zur Geltung und bildet einen energiegeladenen Abschluss.

Beethovens Violinkonzert war maßgebend für die Entwicklung der Gattung. Das Violinkonzert von Brahms ist ohne das Beethovensche undenkbar. Allerdings steht bei Beethoven noch die virtuose Auszierung der Solostimme im Vordergrund, während bei Brahms die thematische Durchdringung des Soloparts eine wichtigere Rolle spielt.

Der Notentext der Kooperationsausgabe von Breitkopf & Härtel und dem G. Henle Verlag beruht auf der neuen Beethoven-Gesamtausgabe. Im Vorwort erläutert der Herausgeber Ernst Herttrich umfassend die verwickelte Entstehungsgeschichte des Konzerts und geht ausführlich auf die verschiedenen Fassungen ein. Die revidierte Ausgabe dieses Meisterwerks der Violinliteratur enthält zusätzlich Kadenzen von Robert D. Levin.