Der Titel meines Stückes ist das postmoderne Zitat eines Zitats: Er bezieht sich zum einen auf Pierre Boulez Komposition Cummings ist der Dichter und zum andern auf Henri Pousseurs Aufsatz über Schumanns Dichterliebe mit dem Titel Schumann ist der Dichter. Die Musik bezieht sich allerdings weder auf Boulez noch auf Pousseur, sondern ganz direkt (wenn auch in vielfachen Brechungen) auf die vierte Sinfonie von Robert Schumann.

Der Auftrag der Dortmunder Philharmoniker, eine Fanfare zum 100jährigen Jubiläum der Oper zu schreiben, machte mich zunächst ein wenig ratlos. Der Hinweis, dass am Ende desselben Konzertes Schumanns vierte Sinfonie erklingen wird, ließ mich dann aber nicht lange zögern, denn es schien mir nun möglich, den Auftrag zu erfüllen und zugleich darüber hinaus zu gehen.

Die Bezüge zu Schumann finden sich auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlicher Deutlichkeit: Sie reichen vom wörtlichen Zitat (mein Stück beginnt mit den Anfangstakten der Durchführung des 1. Satzes) bis hin zu abstrakten Intervallkonstellationen als Generator für die Harmonik oder isolierten (Fanfaren-) Rhythmen als Orientierungsmarken für die Zeitorganisation und die formale Anlage meines Stückes. Die berühmt (-berüchtigten) Schumannschen Instrumentationsverdopplungen bilden dabei den Ausgangspunkt für immer andere komplexe Verzweigungen: Die Verdopplungen geraten außer Phase, verwackeln, verwischen, werden zum orchestralen Super-Arpeggio.

So entstand ein kurzes (Eröffnungs-) Stück, das beides ist: eine Auseinandersetzung mit dem gegebenen Thema Fanfare und eine komponierte Hinführung zu Schumanns großartiger vierter Sinfonie.

J.B.


Bibliografie:

Nonnenmann, Rainer: Romantische Vermittlung neuer Musik. Struktur und Ausdruck in Jörg Birkenkötters „Schumann ist der Dichter“, in: MusikTexte, Heft 171 (November 2021), S. 28-33