Schon seit Jahren befasse ich mich vor allem als Pianist mit dem späten Klavierwerk von Alexander Skrjabin. Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert von seiner besonderen Harmonik, seiner musikalischen Gestik und seinem strukturellen kompositorischen Denken. Fresko ist eine Hommage an diesen großen Komponisten, wobei ich versucht habe, seine Musik aus meiner Sicht als Komponist des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu verstehen und zu beschreiben, Das Werk hat sechs Abschnitte:
1) Portrait
2) Gegensätze
3) "...grün-magenta..."
4) Bewegung
5) "gelbgrau mit weiß"
6) Schatten
In Portrait steht der Grundakkord Skrjabins 6. Klaviersonate im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens. In diesem Werk bricht der Komponist endgültig mit der traditionellen Sonatenform sowohl im strukturellen als auch im harmonischen Sinne. Umgeben von Spielarten unserer zeitgenössischen Musik wird dieser Grundakkord zusammen mit einem Motivzitat aus der selben Sonate auf verschiedene Art und Weise beleuchtet. Der zweite Teil, Gegensätze, erinnert an formale Kompositionsteckniken Skrjabins. Gestenreiche Motive sind eingebettet in an harmonische Konzeptionen Skrjabins angelehnte Klangfelder. Wiederholungen und immerwährende Variationen kommen als ein wesentliches Merkmal des späten Skrjabin zum tragen. Das Harfensolo in Bewegung führt die motivische Arbeit in Zusammenhang mit Variationstechniken weinet, Die Bewegungsrichtung ist gewissermaßen im "dekadenten" Sinne immer abwärts. Der harmonische Aufbau des Solos erhält Dominanz im weiteren Verlauf des Satzes: endlos anmutende Klavierkaskaden führen unter Einbeziehung von immer mehr Instrumenten zum furiosen Satzende. Schottert ist ein intimes Echo zum ersten Abschnitt Portrait. Die beiden kurzen Aphorismen ",,,grün-magenta..." und "gelbgrau mit weiß" sind Ruhepunkte, bei denen an die durch Farben dominierte künstlerische Haltung Skrjabins erinnert werden soll.
(Michael Obst)


CD:
Ensemble InterContemporain
CD Ades 205832