Nicola Campogrande (*1969) Io cammino muovendo le dita
[Vl] 2025 Dauer: 5'
Uraufführung: Sapporo/Japan, Concert Hall, 18. Januar 2026
Auftragswerk von Francesca Dego in Erinnerung an ihren Vater Giuliano und vom CIDIM Comitato Nazionale Italiano Musica
8 Seiten | 25 x 32 cm | 72 g | ISMN: 979-0-004-19129-3 | geheftet
Für mich war Komposition schon immer vor allem ein Mosaikspiel. Ich mag den handwerklichen, konstruktiven, architektonischen Aspekt daran. Aber wenn man mich bittet, den Mechanismus zu erklären, das Geheimnis meiner Arbeit zu lüften, kann ich das nicht. Einige Musikwissenschaftler haben dies getan und mir erstaunliche Analysen meiner Partituren vorgelegt, die zeigen, wie die Beziehungen zwischen den Abschnitten, die Harmonien, die Zusammenstellung der Melodien einem bestimmten System mit eigener Logik, einer Reihe von Regeln und einer Reihe von Verfahren folgen. Mir ist das jedoch nicht bewusst, denn für mich bleibt das Komponieren eine intuitive Geste, bei der sich Ohr und Gehirn jeden Tag verbinden und dann meinen Stift in Bewegung setzen.
Um ein Stück zu beginnen, muss ich jedoch bewegt sein. Nicht, weil ich mich „durch Musik ausdrücken“ möchte – das überlasse ich den Interpreten –, sondern weil dieses Mosaikspiel, das Lego der Komposition, nur funktioniert, wenn es am Anfang diesen bestimmten Nervenkitzel gibt. Oft ist es ein Bild, manchmal eine Geschichte, manchmal auch ein Interpret, dessen Haltung, Fähigkeiten und Geist ich kenne. Und dann gibt es Fälle, in denen die Emotion durch die Begegnung mit einem Text entsteht, durch Worte, die mich intuitiv und augenblicklich treffen, sich in meinem Herzen festsetzen und fast darum bitten, durch ein Musikstück zum Ausdruck gebracht zu werden.
So war es bei Io cammino muovendo le dita. Das Stück würde es tatsächlich nicht geben, wenn Francesca Dego mir nicht ein wunderbares Gedicht ihres Vaters Giuliano vorgestellt hätte, das Rhythmus, Schönheit, Intensität und – wenn man es aufmerksam liest – sogar etwas enthält, das einer kleinen Geschichte ähnelt. Ich kann ihr nur dankbar sein, zutiefst dankbar. Und nun hoffe ich, dass etwas davon auch Ihre Ohren erreicht.
(Nicola Campogrande, September 2025)




